1955
Ackermann Möbelkoffer
patentierte Aluminiumkarosserie
Fahrgestell und Zwillings-Hinterachse (Hanomag)
Eigenumbau zum Gartenhaus
Größe 4,5 x 2,1 x 2,0 m
Original-Schriftzug „Möbel-Schmitt“

Der deutsche Fahrzeughersteller C. W. Ackermann aus Wuppertal-Vohwinkel entwickelte in den 1940er Jahren eine Aluminium-Zellenbauweise für Nutzfahrzeug-Karosserien. In den frühen 1950er Jahren kam die inzwischen patentierte Bauweise unter anderem bei Möbeltransportern zum Einsatz. Die Vorteile lagen bei der großen Stabilität der selbsttragenden Profilkonstruktion und der geringen Konstruktionsstärke von ca. 50 Millimetern. Die charakteristischen gerundeten Ecken und Kanten der Kofferaufbauten in Verbindung mit dem dekorativen Flügelmotiv an der Vorderkante wurden zum Markenzeichen des Herstellers. Zahlreiche ehemalige Möbellaster und Anhänger dieser Bauart finden bis heute Verwendung in Zirkus- und Schaustellerbetrieben.

Behaglichkeit und Freude.

Als wir im Jahr 2016 auf der Suche nach einem Zufluchtsort im Berliner Umland waren, um dem Großstadttreiben zu entkommen, fand ich die Annonce zu einem ominösen Objekt, das ein Spediteur in Würzburg jahrzehntelang als Werkzeugbude genutzt hatte. Der Hof wurde beräumt und das seltsame Ding wurde mit dem Stapler aus dem Boden gehoben. Es entpuppte sich als Überrest eines Möbellasters (Marke unbekannt; vermutlich Hanomag), dessen Führerhaus und Vorderachse abgetrennt wurden. Auf dem ersten Foto prangte die rechte Seite des Möbelkoffers mit dem Schriftzug: „Behaglichkeit und Freude durch Möbel-Schmitt Würzburg Am Barbarossaplatz“. Der Eigentümer wollte den Wagen vor der Verschrottung noch kurz bei Ebay einstellen, also Foto gemacht und nach einer Woche lief die 1-Euro-Auktion ohne Gebot aus. Am Abend vor dem Ende der Auktion fand ich das Angebot und über Nacht fasste ich den Plan den Anbieter anzuschreiben und um weitere Fotos bzw. einen Besichtigungstermin zu fragen. Eine Woche später holten wir den Wagen mit einem viel zu kleinen Transporter ab und brachten ihn zu einem Sandstrahlbetrieb, der das Fahrgestell von Rost und Erdreich befreien sollte. Wir nahmen das freundliche Angebot und die tatkräftige Unterstützung des Werkstattbesitzers an und begannen auf dem Hof unter freiem Himmel den Wagen zu restaurieren. Unser Ziel war es dabei, so viel alte Substanz wie möglich zu erhalten und trotzdem ein gebrauchstaugliches und schönes Gartenhaus daraus zu bauen. Vor allem der originale Schriftzug sollte gerettet werden, denn er war durch den Anbau eines Schuppens an den Möbelkoffer erhalten geblieben. Das gesamte Fahrgestell wurde nach dem Sandstrahlen mit dem Pinsel lackiert und die Zwillingsachse erhielt gute gebrauchte Reifen. Vorne an das Fahrgestell montierten wir eine alte verbogene Zuggabel, um den Wagen mit dem Trecker rangieren zu können. Der Innenraum bekam einen neuen Fußboden aus gebrauchten Kiefern-Dielen, die aus einem abgerissenen 50er-Jahre-Haus gerettet wurden. Boden und Außenwände wurden mit 50 Millimetern Mineralwolle und einer feuchtevariablen Dampfbremse ausgestattet. Die Innenwände erhielten eine Bekleidung mit weiß-lasierten Holzprofilleisten. In die Außenhülle wurden stirnseitig und links Fenster ausgeschnitten und mit speziell angefertigten Holzzargen gerahmt. Dort hinein wurden Stahlfenster aus einem ehemaligen Werkstattwagen (IFA W50) gesetzt und versorgen den Innenraum mit ausreichend Licht und Frischluft durch die Klappfenster. Das Dach haben wir unverkleidet gelassen, um die charakteristischen Bögen sehen und das Regenprasseln hören zu können. Außen bekam der Möbelkoffer nach der Reparatur einiger Undichtigkeiten einen neuen Anstrich in hellgrau. Die rechte Seite mit dem originalen Schriftzug des Möbelhauses aus Würzburg wurde mit einem leichten Überzug aus Klarlack gegen die fortschreitende Verwitterung geschützt. Wir nennen ihn meistens einfach nur „Bauwagen“.

Ein Bett im Kornfeld.

Nach der Fertigstellung stellten wir den Bauwagen für zwei Sommer in unseren Pachtgarten bei Freunden in Beelitz. Dort waren wir regelmäßig und verbachten ganze Wochenenden am Bauwagen. Gartenarbeit und Kampf gegen Brennesseln, Kuchen-Picknick mit Freunden oder Abendessen mit Feuerkorb. Seit unserem Umzug nach Westfalen stand er hier in der Nähe der Werkstatt am Feldrand neben einem kleinen Wäldchen. Abendbrotpicknick mit Sonnenuntergang, Nachttoilette mit Sternenhimmel, Frühstück mit Croissants und Käffchen: es ist das gute Leben. Wenn man die Türen öffnet und im Wagen sitzt oder liegt, ist man halb drinnen und halb draußen, halb in der Altbauwohnung und halb in der Natur – ein hybrides, aber unglaublich angenehmes Raumgefühl.

Siehe auch den Artikel über Tiny Houses.

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